Ich
hörte ein Wimmern – leise - verzweifelt - angstvoll. Elisabeth hielt mich an
ihrer Hand und zog mich mit sich.
„Willst
du es wirklich sehen?“, fragte sie mich.
Und ich nickte, ohne zu
ahnen, was mich wirklich erwarten würde. Nun wollte ich am liebsten wieder
zurück, doch das traute ich mich nicht zu sagen. Es war mitten in der Nacht.
Ich hatte mein rosa Hello-Kitty-Nachthemd an. Meine nackten Füße fühlten sich
kalt an auf dem Kirchenboden. Wir kamen dem Licht immer näher. Ich war schon
oft hier gewesen, doch noch nie in der Nacht. Die Kirche wirkte bedrohlich und
düster. Ich sah Kerzenlicht, doch mein Blick suchte etwas Anderes. Ich sah
meinen Vater und eine junge Frau. Sie hatte blondes Haar und war so jung, so
unglaublich jung und hübsch. Sie weinte bitterlich und ich sah Elisabeth
erschrocken an. Die Frau war nackt und zitterte am ganzen Leib. Sie war an
Händen und Füßen gefesselt und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Ich sah
meinen Vater, der auf sie einredete wie der Prediger. Doch der Prediger war
nicht da, nur unser Vater. Er erzählte etwas von Mutterliebe und Mord, doch ich
verstand nichts von dem, was er sagte. Dann ging plötzlich alles so schnell! Zu
spät sah ich das große Messer in seiner Hand. Mit roher Gewalt stach mein Vater
dieser Frau mitten in den Bauch. Bevor ich einen Schrei ausstoßen konnte, hielt
mir Elisabeth den Mund zu. Mit weit aufgerissenen Augen starrte die Frau meinen
Vater an. Sie schrie, doch ich hörte nichts, denn der Knebel, der in ihrem Mund
steckte, erstickte die Schreie. Ich brach zusammen und konnte dennoch nicht
wegsehen. Elisabeth schleppte mich zurück zum Wohnwagen. Ich zitterte am ganzen
Körper. Als ich im Bett lag, sah ich den Blutspritzer auf meinem Hello-Kitty-Nachthemd.
Von nun an konnte ich nie wieder schlafen, ich sah immer die unschuldigen Augen
der jungen Frau und hasste meinen Vater, gegen den ich schon immer eine
Abneigung verspürt hatte. Doch Elisabeth warnte mich – mit Schlägen und
Drohungen.
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