Dienstag, 13. September 2016

Leseprobe zum Thriller-Sammelband: Schandtat

692 Seiten atemlose Spannung für nur 0,99 €

Ich hörte ein Wimmern – leise - verzweifelt - angstvoll. Elisabeth hielt mich an ihrer Hand und zog mich mit sich.
„Willst du es wirklich sehen?“, fragte sie mich.
Und ich nickte, ohne zu ahnen, was mich wirklich erwarten würde. Nun wollte ich am liebsten wieder zurück, doch das traute ich mich nicht zu sagen. Es war mitten in der Nacht. Ich hatte mein rosa Hello-Kitty-Nachthemd an. Meine nackten Füße fühlten sich kalt an auf dem Kirchenboden. Wir kamen dem Licht immer näher. Ich war schon oft hier gewesen, doch noch nie in der Nacht. Die Kirche wirkte bedrohlich und düster. Ich sah Kerzenlicht, doch mein Blick suchte etwas Anderes. Ich sah meinen Vater und eine junge Frau. Sie hatte blondes Haar und war so jung, so unglaublich jung und hübsch. Sie weinte bitterlich und ich sah Elisabeth erschrocken an. Die Frau war nackt und zitterte am ganzen Leib. Sie war an Händen und Füßen gefesselt und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Ich sah meinen Vater, der auf sie einredete wie der Prediger. Doch der Prediger war nicht da, nur unser Vater. Er erzählte etwas von Mutterliebe und Mord, doch ich verstand nichts von dem, was er sagte. Dann ging plötzlich alles so schnell! Zu spät sah ich das große Messer in seiner Hand. Mit roher Gewalt stach mein Vater dieser Frau mitten in den Bauch. Bevor ich einen Schrei ausstoßen konnte, hielt mir Elisabeth den Mund zu. Mit weit aufgerissenen Augen starrte die Frau meinen Vater an. Sie schrie, doch ich hörte nichts, denn der Knebel, der in ihrem Mund steckte, erstickte die Schreie. Ich brach zusammen und konnte dennoch nicht wegsehen. Elisabeth schleppte mich zurück zum Wohnwagen. Ich zitterte am ganzen Körper. Als ich im Bett lag, sah ich den Blutspritzer auf meinem Hello-Kitty-Nachthemd. Von nun an konnte ich nie wieder schlafen, ich sah immer die unschuldigen Augen der jungen Frau und hasste meinen Vater, gegen den ich schon immer eine Abneigung verspürt hatte. Doch Elisabeth warnte mich – mit Schlägen und Drohungen.
Heute
Angela Adams sah immer noch die zwei Striche vor ihren Augen. Dunkle violette Striche. Es waren wirklich zwei. Angel, wie sie Kollegen und Freunde nannten, zog an ihrer Zigarette, inhalierte den Rauch tief in ihre Lungen und dachte über die Bedeutung dieser beiden Striche nach. Warum hatten sie eine so große Bedeutung? Es war nicht gerecht. Es durfte einfach nicht sein. Wie konnte sie diesen Bastard in sich tragen? Er hatte immer noch die Kontrolle über sie. So wie er es ihr gesagt hatte: „Du wirst nie frei sein. Ich werde dich verfolgen und töten.“
Dann hatte er gelacht. Sie hatten ihn abgeführt und er hatte gelacht, sie alle verhöhnt. Selbst nach seiner Verhaftung behielt er die Oberhand. Es waren zwei Monate seit ihrer Entführung vergangen und heute hielt sie den Beweis für die grausamen Tage in der Hand. Sie wollte die dunklen Tage mit ihm verdrängen, doch nun konnte sie es nicht mehr leugnen, sie war schwanger - von ihm. Sie erinnerte sich nur zu genau an die Vergewaltigungen, an die Erniedrigungen, an die Rache der Bestie. Zwei Jahre lang hatte „Der Broker“, wie ihn die Medien nannten, junge Frauen vergewaltigt, misshandelt und mit ihnen gespielt. Angel und ihr Team hatten ihn gejagt, doch schließlich hatte er sie gefunden. Wochenlang musste er sie verfolgt, jeden ihrer Schritte genau beobachtet haben und am Ende hatte er gnadenlos zugeschlagen. Angel warf die Zigarette auf die Straße und ging auf das große Polizeigebäude zu. Es war schon immer ihr Traum gewesen, bei der Polizei zu arbeiten. Mit Mitte dreißig wollte sie es zu etwas gebracht haben und das hatte sie auch geschafft. Sie hatte sich bei den männlichen Kollegen jede Menge Respekt erarbeitet und war eine geschätzte Kollegin. Auch die Entführung hatte nichts daran geändert. Im Gegenteil, „der Broker“ war dank ihres Einsatzes tot. Jetzt durfte nur niemand von ihrer Schwangerschaft erfahren. Sie musste schnell handeln, denn sie wollte nicht die Brut dieses Monsters in sich tragen. Heute war ihr erster Tag nach der „Auszeit“. Sie war in eine andere Abteilung versetzt worden. Früher war sie bei der SVU tätig, die sich mit der Aufklärung von Sexualverbrechen beschäftigte. Nun war sie also in die Mordkommission aufgestiegen, genauso wie ihr geschätzter Kollege und Freund Bob. Sie war so nervös wie bei einem Vorstellungsgespräch, obwohl sie eine Beförderung erhalten hatte. Beim Betreten des Polizeigebäudes ließ sie sich nichts anmerken. Die Narben auf ihrer Stirn und auf dem Dekolletee versteckte sie nicht. Sollten ruhig alle sehen, was sie aushielt! Keiner konnte ihr das Wasser reichen. Ihre blonden Haare trug sie hochgesteckt. Sie war sich darüber im Klaren, dass sie gut aussah. Nicht schön, sondern sexy, müde zwar, aber durchaus attraktiv. Einige Männer im Team hatten es in ihr Bett geschafft, doch das war nun für immer vorbei. Das würde sie nie wieder zulassen können. So sehr ihr früher der Sex Spaß gemacht hatte, desto größer war nun ihre Angst davor. Ein Schalter hatte sich umgelegt. Sie war verletzbar, doch sie zeigte es nicht. Sie versuchte sogar, vor sich selbst stark zu sein. Sie wollte es nicht wahrhaben, dass ihr etwas Schreckliches passiert war. Sie legte es als ihren Gewinn aus. Sie war eine gute Polizistin, besser als alle anderen.
„Hey Angel, schön, dass du zu uns gewechselt hast! Bob wartet bereits auf dich. Du wirst es nicht glauben…“.
Angel verdrehte die Augen. Wenn sie heute eins nicht ertragen konnte, dann Alans Geschwätz. Sie antwortete nicht und ging weiter.
„Angel, wo bleibst du denn?“
Bob rannte ihr entgegen. Was ziemlich ungewöhnlich war, da er sich innerhalb weniger Jahre auf stattliche zweihundert Pfund hochgefressen hatte. Seit seiner Hochzeit mit einer zwölf Jahre älteren Österreicherin nahm er immer weiter zu. Aber irgendwie fand sie es süß, dass ein Cop auch mal Glück in der Liebe hatte. Sie kannte viele Cops, die mindestens schon einmal geschieden waren. Viele gingen an ihrem Job selbst kaputt und rissen ihre Familien mit sich. Depressionen, Alkohol und Drogensucht standen an erster Stelle bei vielen Kollegen. So war es auch bei Bob gewesen – bevor er Andrea kennengelernt hatte. Alle hatten ihn belächelt, doch er war glücklich und Angel gönnte es ihm von Herzen.
„Mach nicht so einen Wirbel. Was ist denn los? Du weißt, es ist mein erster Tag!“
Angel war genervt, doch der Anblick von Bob machte sie immer wieder für einen kurzen Augenblick glücklich. Er war in den letzten fünfzehn Jahren nicht nur ein Kollege, sondern ein sehr guter Freund geworden -- Angels einzig wahrer Freund. Zu Weihnachten war sie immer bei ihm und Andrea eingeladen, ansonsten hätte sie allein zuhause gesessen und wäre vor dem Fernseher eingeschlafen.
„Es ist der Hammer, ehrlich. Du solltest dich hinsetzen.“
„Ich muss mich nicht hinsetzen, ok? Rück schon raus!“
„Hast du schon mal von Big Daddy gehört?“

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